Der Vater

Ich habe vorhin eine Übung von Michael Brown gemacht.

Sich ein Bild des Vaters vor dem inneren Auge führen und mit allen Gefühlen sein, die auftauchen. Ein inneres Bild habe ich nicht hinbekommen, deswegen habe ich ein Foto genommen.

Und sobald ich meine Augen darauf gerichtet habe, schon fing mein ganzer Körper an zu zucken, ein Schmerz schoss in meinen rechten Fuß, das ist der Fuß dessen Sehne gerissen ist, und der seitdem immer noch nicht richtig gut ist, danach wurde der Fuß taub und fast gleichzeitig fing er an stark zu kribbeln. Ich war völlig überrascht von all dem, hätte ich nie vermutet.

Nach ungefähr 6 bis 7 Minuten beruhigte sich das langsam und ich kam in eine Trauer, eine Trauer ohne Worte, erst habe ich versucht sie zu verstehen, aber es fühlte sich an als würde ich mich dabei verknoten, also habe ich das gelassen und nur gefühlt. Zwischendurch bemerke ich Essdruck, ich musste nicht folgen, es war klar ein Fluchtversuch.

Nach weiteren 6 bis 7 Minuten spürte ich Mitgefühl für die Tragik seines Lebens, für das Gefängnis in dem er sich befindet.

Und erst dann, nach knapp 15 Minuten, bemerkte ich dass er auf dem Foto ganz genau die gleiche Handhaltung hat, die für mich recht typisch ist. Das hat mich sehr mitgenommen und in mir stieg die Frage auf wofür? Wofür bekam ich diesen Vater? Diesen total zerstörten, in seinem unermesslichen Selbsthass gefangenen Menschen?

Michael Brown sagt, dass die Empfindungen die wir gegenüber dem Vater haben, die Einstellung spiegeln, die wir gegenüber unserer inneren Führung haben. Also unsere Fähigkeit uns selbst durch diese Welt zu führen. Solange diese Empfindungen nicht integriert sind, werden wir nach jemandem suchen, der uns sagt, was wir tun sollen.

Hm, das muss ich erstmal wirken lassen. Aber nichtsdestotrotz, die Reaktion war heftig. Ich stelle noch mal die Frage: Wofür war dieser Vater gut?

Dieser Vater hat mit aller Härte versucht, deine innere Stimme zu töten, dich völlig von dir selbst zu entfernen, alles auszulöschen, was ihm nicht gepasst hat. Und das war viel. Er wollte dich zum Schweigen bringen. Aber es ist ihm nicht gelungen, nicht vollständig, die innere Führung war stärker.

Ich fühle gerade, dass viele Dinge die ich für meine halte, gar nicht meine sind, sie gehören zu ihm. Diese Handhaltung, das Essen, der Hass, die Verweigerung. Das hat sich in mich hineingeschlichen. Es ist nicht meins!

Ich stehe staunend da, mit offenem Mund, als hätte jemand einen Schleier gelüftet. Ich habe jetzt den freien Blick, aber ich habe noch nicht hingeschaut. Ich kann auf alles ganz neu blicken und herausfinden ob das meins ist oder nicht.

Dieses ganze Konglomerat, das ich ICH nenne, erscheint mir jetzt als eine völlig unerforschte Kiste völlig spannender Schätze, die es alle noch zu entdecken gibt und voller Altlasten, die es zu entsorgen gibt.

Wenn diese Handbewegung gar nicht zu mir gehört, oh mein Gott, welche Freiheit tut sich da auf, allein diese Möglichkeit, dass ich nicht alles einfach auf mich lade, was da ist, alles bereitwillig als Last auf meinen Rücken schnalle, ist so umwerfend, dass auf einmal das ganze Zimmer im hellen Licht erstrahlt.

Ein Gedanke zu „Der Vater

  1. Hallo C!
    Sehr spannender Gedanke: „das ist gar nicht meins, das hat sich eingeschlichen!“
    Grad hatte ich so etwas ähnliches in der Telefongruppe. Ich habe gerade so oft Probleme damit, dass so vordergründig „schlechte“ Glaubenssätze Teil von mir geworden sind.
    Aber wenn man es so betrachtet wie Du heute, dann eröffnet es neue Möglichkeiten!
    Was wäre wohl, wenn man alle Emotionen, die sich eingeschlichen haben, integrieren könnte? Würde so eine Art Kern überbleiben, der dem Wesenskern ähnlich ist? Wäre das „das authentische Selbst“?
    Mal sehen, ob ich diese Fragen irgendwann werde beantworten können, weil ich es herausgefunden habe!

    Alles Liebe! Christiane

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