Ufff

Puh. Die Woche war heftig, und ist es noch. Termine über Termine. Das Leben verschärft sich für mich, es will wohl dass ich anwende was ich gelernt habe, es nimmt mir meine täglichen ungestörten Stunden der inneren Arbeit und will dass ich lebe. Unverschämtheit!

Die Kinder wollen mehr, Schwimmkurs, Reiten, eigenes Pferd, Turnen, für mich heißt das, dauernd unterwegs und unter Menschen zu sein. Zu Hause dann non stop Hausaufgabenbetreuung oder Lernen für Schulaufgaben, dann meine Seminare und jetzt wieder mein Praktikum. Und heute Abend gehen wir aus. Egal ob schön oder nicht, freiwillig oder nicht, jeder Termin ist ein Stress, weil ich das Haus verlassen muss.

Während ich bisher an einem oder zwei Tage die Woche Termine außer Haus hatte, sind es nun täglich mehrere geworden. Das geht kaum. Grenze. Ich will das Haus nicht verlassen. Wollte ich noch nie. Aber warum?

Ich bin dieser Frage seit zwei Tagen nachgegangen. Und mir ist Entscheidendes klargeworden. Ich lebe nicht in meinem Körper.

Vorhin ging ich zur Bank und übte wieder meine Füße zu bewohnen, auf einmal wunderte ich mich über diese komische Perspektive, als sei ich viel kleiner geworden. Und da fiel es mir auf. Natürlich, ich befinde ich immer oberhalb des Körpers, schwebe frei in der Luft und von dort aus betrachte ich das Leben. Betrachte es, weil ich gar nicht dabei sein kann ohne Körper.

Und wenn ich den Körper fühle, dann dehne ich mich in den Körper aus, und kann auch schön brav alles fühlen, aber mein Mittelpunkt, meine Basis, mein Zuhause sind in der Luft. Maximal bis zu meinem Zwerchfellring, bis dorthin wo es so schwer krampft, kann ich den Körper bewohnen. Deswegen auch der Krampf, die uralte Anstrengung mich aus dem Körper herauszuheben.

Überhaupt kein Wunder, dass ich flatterig bin, ungeerdet, unverbunden, frei schwebend. Vor langer Zeit war das meine Sicherheit, da oben hatte ich Ruhe, niemand konnte mich da erreichen.

Immer noch kann ich nicht die Füße bewohnen, mich in ihnen niederlassen ohne heftigste Reaktionen, von Würgen über Brechen zu Schwindel. Der Kontakt zur Erde, der Kontakt zum Leben wird vom System als höchste Gefahr eingestuft.

Mit kommt gerade der Gedanke, dass es für das Leben noch ok war, dass ich mich da oben aufhalte als ich noch keine Kinder hatte, deswegen durfte ich da noch dünn sein, aber als die Kinder kamen, sollte ich auf der Erde bleiben, und notfalls zwingt mich das Gewicht dazu.

Ja das Gewicht, das ist auch so ein Thema. Es klebt hartnäckig an mir, obwohl ich keine Essstörung mehr habe. Das kann ich wirklich sagen. So schräg, das Ganze, nur damit erklärbar, dass es eine Komponente gibt, die ich noch nicht kenne. Ich habe zu diesem Thema auch mein Pendel befragt, mehrmals, es sagt auch, dass es nichts mit Essen zu tun hat. Das Essen ist in Ordnung.

Es sagt, es hat etwas mit Bewegung zu tun, aber um Sport geht es dabei nicht, es bleibt irgendwie unkonkret.

Hallo meine Dicke, bist du bereit mit mir zu reden?

‚Ja, aber gern, ich bin doch froh wenn du mich beachtest‘

Danke dir. Wie geht es dir? Ist es für dich gut hier, gefällt es dir so?

‚Nein, ich würde gerne gehen aber ich kann nicht.‘

Weißt du denn wieso?

‚Nein, ich weiß es nicht, ich kann dir nur sagen, dass ich nicht diejenige bin, die das hier am Laufen hält. Mich hindert etwas am Gehen, obwohl ich das sooo gerne tun würde.‘

Weißt du denn wer oder was dich hindert?

‚Nein.‘

Enttäuschung und Frust, ich komme irgendwie nicht weiter, ich fühle das für eine Weile, doch dann höre ich plötzlich diesen Satz: ‚Du kannst nicht mit Leichtigkeit dünn sein‘

Oh. Wieso nicht?

‚Weil das nicht geht, es geht nur mit Anstrengung, Darben, Mühe, Schweiß‘

Wie kommst du darauf? Es gibt doch so viele Leute, die einfach dünn sind.

‚Leute schon, aber nicht sie. Sie kann das nicht.‘

Und wie kommst du darauf?

‚Nun, sie war es doch nie.‘

Das stimmt nicht, bis sie 12-13 war, war weder Essen noch Gewicht ein Thema, dann durchs Ballett natürlich schon, und später gab es auch mal kurze Phasen, in denen sie natürlich dünn war ohne darüber nachzudenken. Also ist es möglich, auch für sie.

‚Ne, so etwas Tolles hat sie nicht verdient, das ist doch ungerecht, warum soll es ihr so gut gehen.‘

Wie meinst du das? So gut gehen im Vergleich zum wem?

‚Zu ihren Eltern. So ist sie wenigstens dick. Wenn sie schon sonst alles hat.‘

Nun, wenn sie dick bleibt, geht es dann den Eltern besser?

‚Nein.‘

Wozu dann das Ganze?

‚Weil es für sie zu traurig ist, wenn sie sehen muss, wie ihre Eltern völlig sinnlos im Leid hängenbleiben und nichts sehen wollen. Wenn sie denkt, dass das Leben einen Haken haben muss, dann kann sie das besser akzeptieren, die sind ja immerhin dünn.‘

Oh, darum geht es, ich verstehe, danke dir.

Gerade heute war ich zu einer ungewöhnlichen Zeit in einer Gegend einkaufen in die ich normalerweise nicht fahre. Aus dem Auto sah ich meine Eltern auf der Straße laufen. Nur einen winzigen Augenblick, der aber völlig ausreichte um ihre Energien aufzunehmen, um zu spüren wie unglaublich eng und starr der Raum ist, in dem sie sich bewegen, wie sehr sie ich aneinander klammern um zu überleben. Eine Welle tiefer Traurigkeit überrollte mich und ich habe noch im Auto deswegen sehr geweint.

Ich konnte zum ersten Mal verstehen warum sie zusammenbleiben, warum sie diese, in meinen Augen fatale, Mesalliance nicht beenden, nicht beenden können, niemals beenden werden. Sie sind wie der Blinde und der Gehbehinderte die sich gegenseitig durchs Leben helfen, sich aneinander klammern, weil sie allein nicht sehen bzw. nicht gehen können. Und da sie wohl nicht mehr aus dem Traum erwachen werden, dass ihre Behinderung echt ist, gibt es für sie nur die altbekannte Hölle.

Ich spüre Mitgefühl für meine Eltern, für ihr Schicksal und ihr Leben, dass sie sich ausgesucht haben. Ich spüre auch Bewunderung dafür, dass sie sich so ein hartes Leben ausgesucht haben, so viel härter als meins, ich fühle die Energie der höheren Selbste meiner Eltern, die mir zulächeln, sie nicken mir wohlwollend zu, sie sagen: ‚Es ist in Ordnung, wir kümmern uns um sie, du musst dich nicht mehr bestrafen, du darfst glänzen, wir erfreuen uns daran, das war unsere Absicht, unser Sinn, deinen Eltern geht es gut, in ihrer kleinen Höhle leiden sie gar nicht, sie kennen nichts anderes. Sei frei und lebe dieses Leben ganz, so wie wir es uns für dich gewünscht haben, sei dünn, sei strahlend, sei glücklich, es ist alles deins, sowieso, nichts musst du dir verdienen oder erkämpfen, du kannst einfach so alles haben was du willst.‘

Könnt ihr mir sagen, warum ich nicht abnehme?

‚Bist du gewillt die Antwort zu wissen?‘

Ja, das bin ich.

‚Du isst zu viel Falsches. Das macht den Körper schwer, erzeugt niedrige Schwingungen. Dann fühlst du dich schwer, magst dich nicht bewegen.‘

Das stimmt, ich kann es fühlen, ich esse nicht zu viel, aber oft nicht das Richtige. Aber ich kann es so oft nicht wirklich erkennen, erst hinterher, aber dann ist es zu spät.

Ich sehe mein eigenes höheres Selbst, ich frage es wie ich das besser wissen kann, was ich essen soll.

‚Ich verstehe sehr gut, dass du es meistens nicht weißt. Du bist fast nicht im Körper. Du hast zwar gelernt, deinen Magen zu fühlen, also ist das mit dem Hunger und der Sättigung schon ganz in Ordnung, aber was du essen sollst, das weiß der Magen nicht, dazu braucht es die Weisheit des ganzen Körpers. Also ist es gut, wenn du weiterhin übst deinen Körper zu bewohnen. Abgesehen davon, bzw, bis das mal besser klappt, kannst du auch einfach mich fragen. Frage mich wie du dich nach einer Speise fühlen wirst, leicht oder schwer. Denn es kommt auf vieles an, nicht die Speise an sich ist leicht oder schwer, sondern der gesamte Kontext. Also frag, dazu bin ich da. Frag mich.‘

Ok, danke dir, das mache ich.