Mit Kompass im Puzzleteilchenberg

Was nährt mich? Habe ich gerade bei Comfortqueen gelesen. Wieder Druck, ich weiß es nicht, immer noch nicht. Vor einigen Tagen habe ich versucht ebenfalls so eine Liste zu erstellen, aber mit fällt original nichts ein.

Entweder ich weiß es nicht oder ich bemerke es nicht, das bleibt noch herauszufinden. Wahrscheinlich etwas von beidem.

Noch mehr Nichtwissen. Dabei bin ich heute wieder sehr am schwinden und drehen. Ich merke, ich kann keine Entscheidung treffen, nicht die allerkleinste, unter anderem weil ich vorher schon wissen möchte, dass ich richtig liege.

Auch das gehört zu der Vermeidung von Verpflichtung und Einsatz. Dabei verpflichte ich mich der Nichtverpflichtung. Und nicht entscheiden ist auch eine Entscheidung. Wie ich es drehe, ich komme da nicht raus. Entweder entscheiden die Muster oder ich. Aber entschieden wird sowieso.

Jetzt ist Zeit fürs Ballett. Ich hadere mal wieder. Will unbedingt hin und will überhaupt nicht hin, nie mehr. Ich lasse mal alle Teile sprechen. Es ist das einzig Verbindende was mir einfällt.

  • Ich will hin weil es zu der To-do-Liste gehört
  • Ich will hin um fit zu bleiben
  • Ich will hin weil es gut tut
  • Ich will nicht hin, weil ich nirgendwo hin will

Du, die nirgendwo hin will, was brauchst du damit du mitkommen kannst? ‚Du musst mir versprechen, dass du mich nicht alleine lässt und dass du nicht über mich drüber gehst, dass ich aufhören darf wenn ich nicht mehr kann.‘ Ok, das verspreche ich.

..

Zurück. Es war gut, hat einfach gut getan, Ballett ist eine Ressource, ist vielleicht etwas was ich auf meine Liste schreiben kann, aber nur, wenn ich nicht einfach weitermache, koste es was es wolle. Ich musste mich heute viele Male erinnern, dass ich auch die Option habe weniger zu machen um mich immer noch gut zu fühlen, das ging auch, trotzdem ist da ein Kritiker, der meint, so wird das nichts, das war ja gar nichts, so mit halber Kraft. Aber dem geht es um Trainingsergebnisse, nicht um das Wohlfühlen.

Ich bin seit zwei Tagen total offen, verletzbar, sofort am Weinen, ich fühle ganz intensiv, dadurch wird mir ständig Neues bewusst. Ein Teil zweifelt schon wieder, ob es nicht zu viele Erkenntnisse und Einsichten sind, ob ich das überhaupt verarbeiten kann. Doch sie kommen einfach, das wird schon seine Richtigkeit haben, die Quelle, die sie mir schickt ist unendlich viel weiser als irgendein Teil von mir.

Was befürchtest du? ‚Ich habe Angst, dass sie das nicht mehr ordentlich sortieren kann und alles durcheinanderbringt und wieder vergisst.‘

Oh, ich verstehe dich, was brauchst du denn? ‚Wenn sie alles aufschreibt kann sie es später nochmal lesen, wenn sie es vergessen hat.‘ Geht klar, das mache ich eh.

Was ich nämlich in aller Klarheit fühlen kann ist, dass meine Bedürfnisse gar nicht erst auftauchen sollen, sie müssen sich verstecken, besonders wenn ich Termine habe. Das gilt auch für noch so freiwillige Termine.

So habe ich vorhin gedacht, oh heute mag ich gar keinen Smoothie, macht nichts (weil der Spinat nicht so lange frisch bleibt), vielleicht mag ich ihn morgen. Sofort kam dann: ‚Nein, das geht nicht, da habe ich Praktikum, da kann ich mir keinen Smoothie machen.‘

Aha. Ich muss um 12 Uhr los. Jede Menge Zeit eigentlich. Aber nein, es ist undenkbar. Baden, Yoga, egal was ich mir vorstelle was ich für mich tun könnte, geht nicht. Und ich habe nicht die allergeringste Ahnung wieso. Das Gefühl sagt ganz deutlich nein.

Ok, warum kann sie sich keinen Smoothie machen?

Kann sie schon, das Machen ist kein Problem, aber es hat keinen Wert für sie.

Warum?

Weil sie ihn nicht genießen kann.

Warum?

Weil sie nicht entspannen kann.

Warum?

Weil sie einen Termin hat. Solange sie noch irgendwo hin muss oder noch etwas Unverschiebbares machen muss, kann sie nicht entspannen.

Wenn sie es täte was wäre dann? Ohne die Antwort abzuwarten kommen Bilder, ich sehe mich entspannt in der Badewanne liegen, dann mit dieser Entspanntheit das Haus verlassen. Das geht, dann kommt das nein. Aha, dann wäre sie bei dem Termin vielleicht auch entspannt?

Ja, das darf nicht sein.

Wie soll sie denn sein?

Auf der Hut, in Hab-Acht -Stellung.

Weil?

Weil sie vielleicht blitzschnell reagieren muss, sich verteidigen muss, um ihr Leben kämpfen muss.

Muss sie wirklich wenn sie zu einer Informationsveranstaltung geht, zum Praktikum oder mit den Kindern zum Eislaufen, muss sie da um ihr Leben kämpfen?

Nein, nicht wirklich, aber es fühlt sich so an. Leute waren all die Jahre die allerhöchste Gefahr. Es war wichtig die höchste Stufe der Alarmbereitschaft aufrechtzuerhalten.

Ja, das verstehe ich gut, das war absolut notwendig und du hast es auch zuverlässig und beständig gemacht, ich danke dir dass du so gut aufgepasst hast. Was brauchst du von mir?

Ich brauche deine Präsenz, du musst bei mir bleiben und mich beruhigen wenn ich wieder hochfahre, mir aufzeigen, dass keine Gefahr besteht, von alleine kann ich das (noch) nicht sehen.

Oh, wow, danke für diese Information, das mache ich.

Der Weg wird immer konkreter, all diese Teile, die in ihrer jeweiligen Zeit hängengeblieben sind und das immergleiche Programm abspulen müssen einzeln gefunden, eingesammelt, verstanden, getröstet und beruhigt werden, damit sie, wenn sie das bekommen haben, was sie seit Jahrzehnten vermissen sich zur Ruhe setzen können.

Und der Kompass durch diesen Haufen Puzzleteilchen sind die Gefühle. Sie zeigen sofort an, wenn ein Teilchen zum Finden bereitsteht. Nur dann kann es gefunden werden. Deswegen bereiten manche Sachen, die seit Jahren funktionieren, auf einmal Probleme, weil die Puzzleteilchen nun gefunden werden können. Nicht weil alles immer schlimmer wird und ich gar nicht lebensfähig bin.

Die Problematik, die sich jetzt zeigt, bestand schon sehr lange, nur war sie komplett weggedrückt, weil das Funktionieren Priorität hatte. Nun bröckelt diese Priorität immer mehr, also können all die überschminkten Wunden sichtbar werden.

Und noch etwas. Ich brauche gar nicht mehr zu wissen als das was gerade ist. Denn alles entfaltet sich auf vollkommene Art und Weise und immer für uns, nicht gegen uns. Das Leben liebt uns alle.