Den Fortschritt würdigen

Ich habe bei einer Frau (hallo, ich wink mal rüber) eine schöne Idee aufgeschnappt. Sie hat eine Liste gemacht, von all den Dingen, die sich in den letzten Jahren verbessert oder geändert haben.

Ich möchte das auch gerne versuchen.

  • ich hatte schon lange keine Wutanfälle mehr, und wenn, kann ich viel besser stoppen, sie überwältigen mich nicht mehr.
  • anfallartiges Essen, also wahlloses immer weiter Vollstopfen, ist schon lange vorbei, meine Essanfälle sind immer nur ein kleines bis mittleres Zuviel
  • ich stoppe oft ganz automatisch beim Essen, weil ich einfach satt bin und alles weitere zu unangenehmen Völlegefühlen führen würde.
  • ich spüre meinen Körper, vollständig und nahezu ständig, vor 6 Jahren konnte ich nur die Beine und ab der Brust aufwärts spüren, der Rest lag im Dunkeln
  • ich kann darauf vertrauen, dass bei mir sein, mich begleiten, das Richtige ist, absolutes Verlorensein ist viel seltener geworden.
  • äufräumen ist hin und wieder möglich
  • ich habe die Ausbildung angefangen und bin mittlerweile im dritten Jahr, ich konnte eine Entscheidung treffen
  • ich komme mit meinen (älteren) Kindern besser klar, ich kann sie besser verstehen und liebevoller sein, ab dem Alter von etwa vier Jahren wurde es für mich zunehmend schwerer.
  • ich bin viel mehr in Bewegung und trainiere regelmäßig.
  • ich habe viel weniger Angst vor Kindergeburtstagen.
  • ich habe Neues gewagt (Praktikum), und wage immer wieder Neues.
  • das Gewicht sinkt kontinuierlich in seiner Bedeutung
  • ich entwickle langsam Vertrauen ins Leben
  • ich trinke manchmal Leitungswasser und es ist ok
  • meine Abhängigkeit von Büchern und Kursen wird weniger
  • ich kann immer öfter bewusst innehalten und den Druck rausnehmen
  • überhaupt wird mir immer klarer, dass der ganze Druck nur in mir ist, oder anders, dass der relevante Druck in mir ist.
  • die Neugier wächst stetig.
  • ich schließe neue Freundschaften
  • ich grüße manchmal von mir aus freundlich auch wenn ich denjenigen nicht kenne
  • ich kann manchmal meiner Tendenz entgegenwirken Menschen zu ignorieren, so zu tun als sähe ich sie nicht, nur um nicht mit ihnen reden zu müssen
  • das neue Gefühl, dass ich in Ordnung bin so wie ich bin, blitzt hin und wieder durch
  • die Fähigkeit mich zu beobachten und damit mitzubekommen was gerade wirkt und was mich steuert ist enorm gestiegen.
  • genauso kann ich schon manches Mal auch aktiv aus dem was mich steuert wieder aussteigen.
  • ich brauche es immer seltener zu dissoziieren, und wenn kann ich es mir ganz bewusst erlauben
  • überhaupt kann ich zunehmend dem eine Erlaubnis geben was sowieso da ist, auch wenn es etwas ist, was ich überhaupt nicht haben will. Diesen Punkt möchte ich unterstreichen, für mich ist es unfassbar, dass es mir manchmal gelingt, das widerspricht meinem stärksten Knebel, dem Perfektionismusdiktator. Und es ist etwas Neues, es gelingt mir erst seit Kurzem. Viele Jahre habe ich nur die Leitregeln ausgetauscht, bin aber im System geblieben, habe mit aller Macht und Einsatzbereitschaft eine bestimmte Vorgabe zu erfüllen versucht. Vorgaben ganz fallen zu lassen, war ein großes Tabu. Inzwischen gelingt es mir manchmal, wenn auch selten. Für mich ist das ein Riesenschritt.

Weich, sanft und orange

Ich weiß gar nicht was ich schreiben soll, ich vermeide es den ganzen Tag, weil ich da nicht hinschauen will, aber vom Wegschauen wird es nicht besser.

Gestern Nacht hatte ich wieder den Ring und gebrochen habe ich auch. Das Übergeben ist dann allerdings entlastend, danach geht es besser, und auch gestern konnte ich schnell danach wieder einschlafen, auch ohne Schmerzmittel. Seit dem Sommer ist das nicht mehr passiert, eine eher lange Zeit.

Ich bin wieder mal in einer totalen Überforderung. Ich spüre sie auch ohne Ring. Es presst mich zusammen, ich sitze wieder im Loch und die Steine purzeln nur so auf den Eingang. Ich versuche nicht mal sie wegzuräumen.

Es war viel, aber viel ist es immer. Ich glaube nicht, dass das alles ist. Aber ich weiß nicht wo ich anfangen soll.

Ich habe eine kurze Pause gemacht um etwas zu holen und unterwegs fiel mir eine Geschichte aus der Kindheit ein, die mit Scham und Peinlichkeit zu tun hat. Und sofort ist da Resonanz in mir.

Darum geht es also, um Scham, um nicht richtig sein. Sofort kommen die Tränen. Ja, darum geht es.

‚Ich bin einfach nicht richtig, so ein Versager, nichts kann ich, ich habe mir so viel vorgenommen, ich mache es nicht, was ich mache ist nicht gut genug, und ich schaffe es nicht aus diesem Loch herauszukommen, ich will mich nicht mehr getrieben, überwältigt und überfahren fühlen. Kann mir nicht irgendjemand helfen? Bitte lieber Gott hilf mir es anders sehen zu können, hilf mir einen anderen Blickwinkel einnehmen zu können.‘

Es erscheint eine Helferfigur, eine Katze, eine orangefarbene, weiche, sanfte, geschmeidige, wunderschöne Katze. Sie umschwirrt, umschmeichelt und umstreichelt mich. Das tröstet mich.

‚Du musst dich erstmal pflegen‘, sagt die Katze. ‚Komm zu Kräften, sei einfach nur freundlich, liebevoll und gnädig zu dir, weil es dir nicht gut geht. Du wirst dich erholen, und dann wirst du es auch wieder anders sehen können. Geh schlafen, lies noch etwas Schönes, Stärkendes, nichts was wieder eine Aufgabe anbietet, lass dich fallen in diese Stimmung, entspanne dich da hinein, roll dich ein und mache eine Pause, so wie ich das sehr gut kann.‘

Das stimmt, sie kann das wirklich gut. Katze sein ist sicher gemütlich. Und sie hat recht. Ich schwinge sofort mit, ihr Rat trifft ins Schwarze, ich roll mich zusammen und pflege meine Wunden, das fühlt sich auf der Stelle wohltuend an, alles wird weicher, weiter, sanfter, ich freue mich auf mein Bett.