Was will ich wirklich?

Gestern habe ich die Karte der gesunden Lebensweise gezogen: ‚Ernähre dich gesund, gönne die ausreichend Schlaf und trainiere regelmäßig um optimale Gesundheit zu erlangen.‘

Das ist erstaunlich, weil ich tatsächlich vor lauter Ängsten und Arbeit damit das Thema Selbstfürsorge wieder ziemlich weit hinten an gestellt habe. Selbstfürsorge ist das erste was nicht mehr zählt. Auch wenn es mir besonders gut geht. Nur in neutraler Stimmung, wenn es mir nicht besonders gut und auch nicht besonders schlecht geht habe ich dafür die nötige Ruhe.

Oder besser gesagt, kann ich sie mir erlauben.

Das Erlebnis- und Arbeitskarussell dreht sich zur Zeit immer schneller, in zwei Tagen Kindergeburtstag mit recht aufwendiger Vorbereitung, dann Seminar, dann nächste Woche der erste Kurs. Keine Zeit zum Luft holen. Dabei ist es ja in solchen Zeiten besonders wichtig. Denn wenn ich jedes Mal wenn der Pegel nach oben oder unten ausschlägt nicht mehr stattfinde, ist es kein Wunder, dass ein Teil von mir jede Entfernung von der Nulllinie ablehnt.

Keine Zeit zum Luft holen. Damit kann ich gleich arbeiten.

Wieso nicht?

Es ist einfach nicht die richtige Zeit dafür. Anderes ist wichtiger.

Was heißt für dich eigentlich Luft holen?

Anhalten, innehalten, sich um sich selbst kümmern.

Und warum ist das Andere wichtiger?

Weil es gemacht werden muss.

Ja, klar, und warum nicht beides?

Wenn sie zu viel auf sich achtet, schafft sie den Rest vielleicht nicht mehr.

Hm. Isst sie denn nicht sowieso, auch in solchen Zeiten, atmet sie nicht sowieso, macht sie nicht sowieso Pausen?

Ja, schon.

Warum kann sie nicht mit sich verbunden bleiben, sogar während der Arbeit?

Ich möchte sie schützen, sie soll nichts spüren, dann geht es schneller vorbei.

Aber das ist ihr Leben, es geht an ihr vorbei sobald sie zu tun hat, oder Angst hat, oder besonders aufgeregt ist.

Ja, stimmt.

Was befürchtest du? Warum soll sie das nicht fühlen?

Das ist eine ganz alte Sache, ganz alte Wunden. Sie war früher absolut allein, allein mit all den schwierigen Gefühlen, mit all der Angst und auch mir all dem Unwillen, der Überforderung. Die Dissoziation hat gut geholfen, damit hat sie es irgendwie überstanden. Aber du hast recht, heute ist das kein hilfreicher Mechanismus mehr. Heute darf sie fühlen und verbunden bleiben. Im Gegenteil, es ist viel schwerer und mit schädlichen Nebenwirkungen verbunden wenn sie es nicht tut.

So, das war jetzt notwendig. Ich bin wieder ausgerichtet auf das was für mich wirklich wichtig ist. Darum geht es, sich immer wieder daran zu erinnern.

Ich will in Liebe leben, zu mir, zum Leben und zu allem. Ich will ohne Drama leben, in Leichtigkeit. Das rutscht mir schnell weg, verständlich, wo meine Geschichte mir Härte beigebracht hat. Aber auch Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen.

Und genau diese Qualitäten kann ich auch in den Dienst für mich stellen statt gegen mich. Denn es braucht mindestens eine tägliche Ausrichtung und eine unerschütterliche Fokussierung. Der Erledigungszombie schiebt sich sonst sofort in den Vordergrund.

Ich bin dankbar dass ich mir die Zeit dafür genommen habe. Ich bin sehr gespannt wie der Tag wird.